Mutiges Zuhören: Eigenes Unbehagen ertragen

Genfer Friedenswoche 2020

06/11/2020
Geneva Peace Week T4C square teaser

 


Am 5. November 2020 leitete Initiativen der Veränderung Schweiz im Rahmen der Genfer Friedenswoche 2020 einen Online-Workshop zum Thema Zuhören.

Zuhören ist ein kraftvolles Instrument, das starke Auswirkungen auf den Empfänger bzw. die Empfängerin haben kann. Es ist aber auch eine Technik, die nicht einfach ist. Workshops zum Thema Zuhören konzentrieren sich oft auf die Frage, wie wir der anderen Person gegenüber gerecht werden und uns auf sie konzentrieren können. Es ist jedoch auch sehr wichtig, sich selbst nicht zu aus den Augen zu verlieren, während man anderen zuhört, da das Zuhören schwieriger und schmerzhafter Geschichten zu Verzweiflung, Angst und ausgewachsenem Burn-Out führen kann.

Da sich Friedensschaffende oft auf dieser Seite des Tisches befinden, zielte dieser Workshop darauf ab, die Zuhörenden in den Mittelpunkt zu stellen und nicht die Person, der zugehört wird. Ziel war es, Anleitung zur Selbstfürsorge beim Hören bewegender Erlebnisse und Geschichten zu geben.

 

GPW T4C cropped

 

Etwa 80 Teilnehmende nahmen an diesem Workshop teil. Nach einer kurzen Präsentation von Initiativen der Veränderung durch die Gastgeberin und Programmverantwortliche von Tools für Changemaker, Diana Damsa, führten uns der Trainer Neil Oliver und die Trainerin Agnes Otzelberger in das Thema ein. Wie Neil sagte: "Mutig zuzuhören, bedeutet nicht, für alles bereit zu sein. Es bedeutet vielmehr, uns selbst zuzuhören und unsere Grenzen zu kennen". Zuhören kann schwierig sein und sich zutiefst auf uns auswirken. Dennoch wird nur wenigen humanitären Mitarbeitenden und Sozialarbeiterinnen und -arbeitern jene Unterstützung angeboten, die sie brauchen, um ein Burnout zu vermeiden.

Um herauszufinden, was es bedeutet, Zuhörer bzw. Zuhörerin zu sein, leitete Agnes uns bei einer Reflexionsübung an. Wir wurden gebeten, in eine Zeit zurückzugehen, in der wir etwas Schwieriges gelernt haben, und uns daran zu erinnern, woran wir dachten, welche Emotionen und körperlichen Empfindungen wir damals empfanden. Dann wurden wir eingeladen, unsere Geschichte mit einem anderen Teilnehmenden auszutauschen, bevor wir ihre oder seine Geschichte hörten. Wir diskutierten anschliessend darüber, wie es uns dabei ergangen war, einer schwierigen Geschichte zuzuhören und welche Auswirkungen sie auf unseren Verstand, unser Herz und unseren Körper hatte.

Neil und Agnes eröffneten im Anschluss daran die Diskussion darüber, was es bedeutet, neugierig und präsent zuzuhören und was dabei helfen kann. Sie gaben hilfreiche Tipps, um Einfühlungsvermögen zu entwickeln und mit dem Leid anderer Menschen umzugehen. Agnes erklärte, wie es helfen kann, in den eigenen Körper zurückzufinden, tief und langsam zu atmen und sogar einfach den Kopf hin und her zu bewegen.

Eine Teilnehmer sagte: "Dieser Workshop hat mir gezeigt, dass andere Menschen sich genau so fühlen wie ich, wenn sie mit schwierigen Geschichten konfrontiert werden. Durch ihn konnte ich eine starke Beziehung zu ihnen aufbauen und er erinnerte mich daran, dass ich auf mich selbst aufpassen muss, damit ich mich durch das Gehörte nicht zu verletzlich und verletzt fühle."

Ein anderer schrieb: "Mir gefiel, wie interaktiv der Workshop war, die allgemeine Stimmung und Atmosphäre. Es war wirklich herzerwärmend und inspirierend. Ich habe viel gelernt."

Das Organisationsteam hofft, mehr Workshops und Schulungen zu diesem Thema anbieten zu können, um Friedensschaffenden, die allzu oft unter empathischer Bedrängnis und Erschöpfung leiden, weitere Unterstützung anbieten zu können.

 

Dieser Workshop hat mir gezeigt, dass andere Menschen sich genau so fühlen wie ich, wenn sie mit schwierigen Geschichten konfrontiert werden. Durch ihn konnte ich eine starke Beziehung zu ihnen aufbauen - Teilnehmer

 

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