Eine Toolbox für den Frieden

Genfer Friedenswoche 2016

30/11/2016
Jens J. Wilhelmsen

 

Frieden wird oft als ein komplexer Prozess angesehen, bei dem es darum geht, gesellschaftliche Möglichkeiten im Umgang mit Konflikten neu zu schaffen und institutionelle Funktionen zu stärken. Er erscheint als eine ausgeklügelte Aneinanderreihung von Aktionen, die umfassendes technisches Knowhow und die Fähigkeit zu bürokratischen Manövern erfordern. Doch oft schränkt dieser hochinstitutionalisierte Ansatz die Rolle ein, die jeder Einzelne beim Aufbau von Frieden übernehmen kann und sollte, ein - sei es nun in der Familie, der Gesellschaft oder im weiteren Sinne.

 

Dieser Ansatz bildete den Hintergrund für das Event, das wir kürzlich im Rahmen der dritten Genfer Friedenswoche gemeinsam mit der Bibliothek der Vereinten Nationen in Genf organisierten. Thema des interaktiven Dialogs lautete: "Die persönliche Toolbox eines Friedensschaffenden". Rund 50 Teilnehmende konnten hier von drei herausragenden Friedensschaffenden lernen und sich mit ihnen austauschen. Jeder der drei Experten verfügt über umfassende und praktische Erfahrungen im Bereich der Friedensförderung.

Jens Wilhelmsen, der nach dem Zweiten Weltkrieg jahrzehntelang Versöhnungsarbeit geleistet hat, erklärte, um Friedensstifter zu sein, bedürfe es der Fähigkeit, sich "mit anderen zu identifizieren." Seiner Meinung nach sollten Friedensschaffende "mit Demut" an ihre Aufgaben herangehen, sich Zeit nehmen, sorgfältig auf Menschen und ihr eigenes Gewissen zu hören, mutig sein und ehrliche Gespräche mit jenen führen, denen sie misstrauen und die ihnen Angst machen. Um sich effektiv für Frieden einzusetzen, sollten sie ausserdem einer Vision folgen. Man müsse daran glauben, dass sich Dinge ändern können, sonst sei Veränderung nicht möglich, schlussfolgerte er.

Sein Enkel Jonathan Nelson war ebenfalls Teil des Events. Er würdigte die Fähigkeit seines Grossvaters, sein eigenes Tun immer wieder in Frage zu stellen. "Mein 90-jähriger Grossvater hat sich nach einem Streit, den wir hatten, entschuldigt...Das hat mich überrascht. Ich habe gelernt, dass man das eigene Verhalten immer in Frage stellen sollte, egal, wie alt man ist.", sagte er.

Amina Khalid ist eine britisch-somalische Aktivistin und arbeitet für Initiativen der Veränderung in Grossbritannien. Sie sprach über die Bedeutung der Dialogarbeit zwischen verschiedenen Gruppen, um Vertrauen aufzubauen und Spaltungen innerhalb der Gesellschaft entgegenzuwirken. "Es gibt vieles, das uns trennt und was zwischen Nationen, Gruppen und sogar innerhalb der Familie schief läuft...Friedensförderung und Versöhnung stehen im Mittelpunkt und im Zentrum dessen, was wir heutzutage brauchen.", unterstrich sie.

Dr. Rami Mani nahm anhand einer Reihe beeindruckender Geschichten und Menschen die Teilnehmenden mit auf eine Reise voller Konflikte, Krieg und Leiden, der sie in ihrem Leben als Forscherin und Friedensschaffende begegnet ist und durch die sie ihre eigenen Tools und Methoden entwickelt hat. Ihr Ansatz der Friedensförderung bleibt einfach und doch inspirierend: Beobachte die existierenden Umstände. Höre den Menschen zu. Urteile nicht. Visualisiere Veränderung. Setze dich für den Wandel aktiv ein.

Nach einem Austausch zwischen Teilnehmenden und Friedensschaffenden wurde ein offene Toolbox in die Mitte des Raumes gestellt, die mit handgeschriebenen Tools und Methoden gefüllt wurde.

Suchen Sie sich aus, was Ihnen für Ihre eigene Friedensarbeit am hilfreichsten erscheint!

 

Featured Story
On
Event Categories
Geneva Peace Week

zum gleichen Thema

Geneva Peace Week 2023 workshop 2 November Ignacio Packer blog square DE

Haben wir den Weg zum Frieden vergessen?

Es war uns eine Ehre, an der 10. Jubiläumsausgabe der Genfer Friedenswoche teilzunehmen. Doch nun, da der Vorhang gefallen und die Woche vorbei ist - wie geht es jetzt weiter? Vor dem Hintergrund der ...

GPW 2021 FDFA and CDES event square

Frieden schaffen durch verbesserte Landbewirtschaftung in Westafrika

Im Rahmen ihrer Partnerschaft und der Genfer Friedenswoche 2021 organisierten Initiativen der Veränderung Schweiz (IofC) und die Abteilung Frieden und Menschenrechte des Eidgenössischen Departements f...

Summer Academy 2020 Geneva fountain lake, credit: Leela Channer

Ökologische Friedensförderung als Definition unseres Zeitalters

Das Thema der Genfer Friedenswoche 2020 lautete: "Vertrauen nach einem Vertrauensbruch neu aufbauen: Wege zu einer Neuausrichtung der internationalen Zusammenarbeit". Am 6. November veranstalteten Ini...

Geneva Peace Week T4C square teaser

Mutiges Zuhören: Eigenes Unbehagen ertragen

Am 5. November 2020 leitete Initiativen der Veränderung Schweiz im Rahmen der Genfer Friedenswoche 2020 einen Online-Workshop zum Thema Zuhören. ...

Geneva Peace Week Human Library 2019

Genfer Friedenswoche 2019: Vertrauensbildung in Genf und in Europa

Genf ist voll von Organisationen, die sich für Frieden, Menschenrechte und Wohlstand einsetzen, aber selten zusammenkommen. Jedes Jahr versucht die Genfer Friedenswoche, festgefahrene Muster zwischen ...

Geneva Peace Week logo

Geneva Peace Week: Human Library

Beyond Prevention: 5 Alternative Ways to Peace - Geneva Peace Week 2018 - When: 7 Nov, 2017 - 12.30 - 14.00 - Where: UNOG Library...

Geneva News: IofC International becomes Observer to IOM Council

Neuigkeiten aus Genf: IofC International wird Beobachter im Rat der IOM

Am Montag, dem 5. Dezember 2016, erhielt IofC International gemeinsam mit 17 weiteren NGOs den Beobachterstatus für den Rat der Internationalen Organisation für Migration (IOM). Rainer Gude, Chargé de...