Damit Europa kein unvollendeter Traum bleibt 2018: Tag für Tag

Caux Forum 2018

27/07/2018
AEUB 2018

 

Tag 1: 23. Juli 2018

In Zeiten grosser Unsicherheit und zunehmendem Misstrauens zwischen und innerhalb von Ländern hat Fatalismus keinen Platz. Es liegt daher an jedem einzelnen Menschen, Europa inklusiver und nachhaltiger zu gestalten. Dies war die Botschaft der Eröffnung der Konferenz Damit Europa kein unvollendeter Traum bleibt (AEUB) 2018. Mehr als 180 Teilnehmende aus 32 Ländern kamen im Caux Palace in der Schweiz zusammen, um sich auszutauschen, bewährte Praktiken für Vertrauensbildung zu diskutieren und sich inspirieren zu lassen. "Es gibt keine Alternative zu einem konstruktiven Dialog", sagte Tatiana Peric, Beraterin für den Kampf gegen Rassismus und Xenophobie der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) in Europa. Der britische Diplomat und Politiker Lord Ashdown sprach von einer Periode der Machtverschiebung. "Die Arbeit für eine bessere Welt ist Teil unseres Überlebens. Dies sollten wir nicht anderen überlassen." Ein inspirierender und motivierender Auftakt von AEUB!

Tag 2: 24. Juli 2018

Mutige Menschen können und machen den Unterschied. Dies machten persönliche Geschichten aus der Ukraine, Schweden und der Türkei am zweiten Tag der AEUB-Konferenz deutlich. Der ukrainische Journalist Oleksiy Matsuka musste die Separatistenregion aufgrund seiner Recherchen über Korruption verlassen. "Es gibt keinen Journalisten im Donbas, dessen Leben sich seit 2014 nicht verändert hätte", sagte er. Über das Donetsk-Institut für Information berichtet er unabhängig über den Krieg in der Ostukraine. "Als Journalisten müssen wir nicht nur Fakten präsentieren, sondern auch unbequeme Fragen stellen. Das wichtigste Mittel, um Antworten zu finden, ist der Zweifel."

Der ehemalige Neonazi Peter Sundin aus Schweden betonte die Bedeutung einer Unterscheidung zwischen Personen und ihrer Meinung. Durch sein Heranwachsen in einem nationalsozialistisch geprägten Umfeld übernahm er selbst diese Weltanschauung. "In der Schule wurde ich auf meine Meinung reduziert", sagte er. "Ich war immer der Nazi-Peter. Nie einfach nur Peter." Nach einem langen Ausstiegsprozess versucht er nun, Jugendliche vor den Fehlern zu bewahren, die er selbst begangen hat.

Professorin Emel Topcu  aus der Türkei war ein rührendes Beispiel dafür, wie die Zivilgesellschaft den über 3,5 Millionen syrischen Flüchtlingen in der Türkei hilft. Ihre Heimatstadt Gaziantep wurde von Flüchtlingen überschwemmt, die nun ein Viertel der Stadtbevölkerung ausmachen. Auch wenn ihre Ankunft zu Auseinandersetzungen führte, gab es dank der Arbeit vieler Bürgerinnen und Bürger sowie NGOs keine richtigen Konflikte. "Welchen Sinn hat das Leben, wenn wir nicht teilen?", fragte sie.

Tag 3: 25. Juli 2018

Angesichts der Herausforderungen in Europas ist es erfreulich festzustellen, dass es bereits diverse Initiativen gibt, um den sozialen Zusammenhalt zu stärken. Was können wir aus ihnen lernen? Am dritten Tag von AEUB verwandelte sich die grosse Halle des Caux Palace in einen Markt mit 18 Initiativen, darunter Glaubensgemeinschaften, die sich gemeinsam für Nachhaltigkeit einsetzen, oder Initiativen, die durch Theater Wandel und Empathie vermitteln. Ein Menschrechtsaktivist aus der Ukraine setzte sich mit einem niederländischen Türken, der Türkinnen, Türken, Armenierinnen, Armenier sowie Kurdinnen und Kurden der Diaspora zusammenbringt, zusammen, um zu erfahren, wie der Dialog zwischen ihnen gefördert wird. Andere Teilnehmende befragten eine in Deutschland lebende Rumänin über ein Simulationsspiel, das sie für die Immigrationspolitik nutzt. Der intensive Austausch von Methoden, Wissen und Erfahrungen bildete das Herz dieser Konferenz und bildete den roten Faden bei den täglichen Trainingsprogrammen, beim Mittagessen und den Wanderungen auf den Berg.

Tag 4: 26. Juli 2018

Veränderungen beginnen oft mit Entscheidungen einzelner Menschen. Der Entscheidung, jene Meinungen und Weltanschauungen zu hinterfragen, mit denen man aufgewachsen ist. Der Entscheidung, sich nicht dem Hass hinzugeben, sondern einen Weg der Menschlichkeit zu finden. Und manchmal der Entscheidung, zu akzeptieren, dass man mit leeren Händen dasteht und nicht alles kontrollieren kann. Am Morgen des vierten Tags der AEUB erzählten verschiedenen Menschen, wie solche Entscheidungen das eigene Leben und den sozialen Zusammenhalt der Gemeinschaft verändern können.

Diana Damsa, eine Rumänin, die mit dem Gefühl der Überlegenheit gegenüber der in ihrem Land lebenden Roma aufwuchs, wurde in Indien mit ihren Vorurteilen konfrontiert. Sie war wütend, dass sie sich dazu hatte verführen lassen, Roma ohne Grund zu verachten und bemüht sich, bei ihrer Arbeit von nun an auch mit Roma zusammenarbeitet. Simona Torotcoi, eine Roma aus Rumänien, schämte sich immer dafür, Roma zu sein. Mit Anfang zwanzig begann sie, ihre Identität nach und nach zu akzeptieren. Heute arbeitet sie für die Emanzipation der Roma in der Gesellschaft und im Bildungssystem.

Zwei Tage nachdem ihr Vater durch eine IRA-Bombe ums Leben kam, entschied Jo Berry aus Großbritannien, sie wolle in ihrem Leben keine Feinde haben. "Ich wollte verstehen, was passiert war und woher Gewalt kommt", sagte sie. "Wenn ich jemanden beschuldige und ihn nicht mehr als Menschen sehen, verliere ich meine eigene Menschlichkeit." Mittlerweile arbeiten sie und der Mann, der für den Tod ihres Vaters verantwortlich war, zusammen, um Brücken des Friedens zu schlagen.

Tag 5: 27. Juli 2018

Neben sicheren Orten benötigen wir mutige Orte, so Mike Brown aus Australien, der als sogenannter Key-Listener die Veranstaltung gezielt durch Zuhören begleitete, bei der Schlussveranstaltung. Aus den geschilderten Erfahrungen der Teilnehmenden gehe hervor, Caux diese Woche auch ein mutiger Ort gewesen sei. Ein Lehrer aus Russland beschrieb ein Treffen mit Menschen aus der Ukraine und Weissrussland: "Diese übliche 'Konferenzblase' existierte hier nicht. Ich habe hier auch sehr viel Schmerz erfahren." Eine weitere Teilnehmerin erzählte, sie habe einen Entschuldigungsbrief an ihren Vater geschrieben, weil sie ihn aus ihrem Leben verbannt hatte. Ein niederländischer Türke berichtet positiv über den Dialog zwischen Menschen aus Kurdistan, der Türkei und Armenien, der im Laufe der Woche stattgefunden hatte. "Wir haben entschieden, uns zu organisieren und ein Programm zu entwickeln." Jeder dieser Schritte, ob persönlich oder politisch, ist notwendig, wenn wir den sozialen Zusammenhalt in Europa stärken wollen. Eine Teilnehmerin formulierte es folgendermassen: "Wenn Du dich selbst heilst, kannst Du mit winzigen Schritte auch zur Heilung der Welt beitragen."

 

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